Die Schweizer Besonderheit namens Eigenmietwert

Der Eigenmietwert ist seit jeher umstritten – doch was bedeutet er und was passiert mit ihm?

Einkommenssteuer auf den sogenannten Eigenmietwert zahlt jeder, der in der Schweiz eine Immobilie besitzt und diese ihm zur Eigennutzung zur Verfügung steht. Der Eigenmietwert wird dem steuerbaren Einkommen hinzugefügt und sorgt bei Wohneigentümern zu höheren Steuern und derzeit bei Politikern für Diskussionen. Insbesondere da es sich um ein fiktives und nicht um ein tatsächlich realisiertes Einkommen handelt - ganz im Gegensatz zu anderen steuerbaren Einkünften wie Löhnen, Renten, Dividenden, Mieteinnahmen etc.

Am theoretischen Mietzins, den ein Immobilieneigentümer bei der Vermietung an einen Dritten erzielen könnte, bemisst sich dieser Eigenmietwert und gilt sowohl für die Haupt- wie auch Zweitimmobilie(n).

Mindestens 60 Prozent der marktüblichen Miete muss der Eigenmietwert laut Bundesgericht betragen. Ansonsten definiert jeder Kanton selbst und mit eigenen Methoden, wie hoch sich der jeweilige Liegenschafts- und davon abgeleitet auch der Eigenmietwert bemisst.

Das solidarische Steuersystem der Schweiz ist der Grund für diese international sicherlich eher unbekannte Steuer. Immobilienbesitzer können Hypozinsen, Reperatur- und Unterhaltskosten in Abzug bringen und geniessen dadurch Steuervorteile. Indem ein Eigenmietwert zu versteuern ist, sollen diese Vorteile etwas ausgeglichen werden. Seit Bestehen des Tiefzinsniveaus führt der Eigenmietwert, trotz der möglichen Abzüge, praktisch ausschliesslich zu einem Anstieg des steuerbaren Einkommens.

Nachdem per Notrecht der Eigenmietwert 1934 eingeführt wurde mit dem Ziel, den damals sanierungsbedürftigen Bundeshaushalt für die kommenden vier Jahre aufzubessern, wurde mehrmals versucht, die zusätzliche Steuer namens Eigenmietwert wieder abzuschaffen, was allerdings im Parlament mehrmals und auch zweimal an der Urne misslang, so dass die Steuer bis heute weiterbesteht.

Nachdem der Ständerat mit einer knappen Mehrheit von 20 zu 17 der Abschaffung des Eigenmietwertes zugestimmt hat, liegt das Thema nun beim Nationalrat, die Nationalratskommission hat sich bereits dafür entschieden.

Eine mögliche Abschaffung wirft aber auch Fragen auf:

  • sind weiterhin Abzüge für Unterhaltskosten möglich?
  • gibt es Ausnahmen für Massnahmen die dem Umweltschutz und der Einsparung von Energie dienen?
  • wie gestaltet sich der Abzug von Schuldzinsen bei der Kombination von Eigengebrauch und Vermietung?

Die vom Ständerat bevorzugte Variante würde den Abzug von Schuldzinsen unter bestimmten Bedingungen gestatten, wobei der Eigenmietwert auf Zweitwohnungen bestehen bleiben soll. Nun wird der Nationalrat über die Abschaffung befinden und bei der Ausgestaltung der Abzüge sicherlich weiter für hitzige Diskussionen bei der Behandlung der Schweizer Besonderheit sorgen, die vermutlich in der einen oder anderen Weise weiter erhalten bleiben wird - vielleicht künftig auch nur für Zweitwohnungsbesitzer.

Eine Abschaffung ist frühestens per 01.01.2023 zu erwarten.

Kartin Grünig

Park Consulting AG