Beschäftigung von selbständig Erwerbenden
Die Beschäftigung von selbständig erwerbenden Fachpersonen kann für Unternehmen, gerade auch in Zeiten des Fachkräftemangels, eine gute Option sein, um die personellen Kapazitäten der Auftragslage anzupassen.
Aus Sicht des Unternehmens handelt es sich um Drittpersonen, welche Ihre Arbeitsleistung in Rechnung stellen, da sie aufgrund ihrer Selbständigkeit nicht als Mitarbeiter des Unternehmens gelten und sich selbst um die Sozialversicherungen kümmern.
Gelangt die AHV in einer Kontrolle jedoch zum Schluss, dass der betreffende Selbständigerwerbende gemäss den Regelungen der AHV nicht als selbständig erwerbend anzusehen ist, handelt es sich um einen Fall der Scheinselbständigkeit. Dies zieht für das beschäftigende Unternehmen unangenehme und teure Folgen nach sich.
Rechtliche Abgrenzung zwischen selbständig und unselbständig Erwerbenden
Ob es sich bei einer Tätigkeit um einen selbständigen oder unselbständigen Erwerb handelt, entscheidet die AHV im Einzelfall.
Die Voraussetzungen für einen selbständigen Erwerb sind:
- Der Selbständigerwerbende tritt am Markt unter eigenem Namen auf, arbeitet auf eigene Rechnung und trägt das wirtschaftliche Risiko selbst
- Des Weiteren organisiert die Person Ihre Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen frei und ist nicht weisungsgebunden
- Zur Durchführung der Aufträge arbeitet sie mit eigenen Mitteln und insbesondere für eine Vielzahl von Kunden oder Auftraggebern (erfahrungsgemäss mehr als deren drei)
Wer diese Kriterien nicht (mehr) erfüllt, gilt im Sinne der AHV als unselbständig, bzw. scheinselbständig und somit als Arbeitnehmer des ihn beschäftigenden Unternehmens. Insbesondere wer lediglich für wenige Auftraggeber tätig ist, läuft Gefahr, als deren Mitarbeiter qualifiziert zu werden, was sozialversicherungsrechtliche Folgen hat.
Folgen der Scheinselbständigkeit
Da im Schweizer Recht der Arbeitnehmer als schwächere Partei gilt, selbst wenn es sich wie in einem solchen Fall nur um ein faktisches Anstellungsverhältnis handelt, geniesst dieser besonderen rechtlichen Schutz. Verstösse gegen das Arbeitsrecht und die Sozialversicherungsvorschriften werden dem Arbeitgeber zugerechnet, so dass der Arbeitgeber verpflichtet wird, die Beiträge nachzuzahlen.
Nacherhebung AHV-Beiträge
Der AHV ist die Thematik der Scheinselbständigkeit sehr wohl bewusst und daher wird bei den regelmässigen Kontrollen der Arbeitgeber auf entsprechende Konstellationen geachtet.
Selbständig Erwerbende bezahlen auf ihrem Reineinkommen einen abgestuften Betrag als AHV/IV/EO-Beitrag, dieser ist jedoch in jedem Falle tiefer als die Beiträge eines unselbständig Erwerbenden. Bei einer aufgedeckten Scheinselbständigkeit werden die fehlenden Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer der letzten 5 Jahre nacherhoben.
Im schlimmsten Fall hat der Scheinselbständige gar keine AHV-Beiträge geleistet, und der Arbeitgeber befindet sich unverhofft in der Situation, dass er daher einen Schwarzarbeiter beschäftigt hat.
Auswirkungen im Bereich der Unfallversicherung
Bei einer festgestellten Scheinselbständigkeit sind auch die Unfallversicherungsbeiträge der letzten 5 Jahre nachzuzahlen.
Deutlich schwerwiegender ist jedoch das Risiko eines Unfalles des Scheinselbständigen mit Invaliditätsfolge während der Beschäftigungszeit. Da der Verunfallte nicht unfallversichert ist, muss der Arbeitgeber die gesamten finanziellen Folgen des Unfalles tragen – und dies kann in Millionenhöhe gehen.
Empfehlungen zur Absicherung für das beauftragende Unternehmen
Die rechtlichen und finanziellen Folgen der Beschäftigung von Scheinselbständigen sind sehr gross, daher gilt es sie zu vermeiden.
Handelsregister-Auszüge und Mehrwertsteuernummern sind lediglich gute Hinweise auf eine echte Selbständigkeit, sie bieten jedoch noch keine Garantie.
Damit das Unternehmen sich absichern kann, empfiehlt es sich, vom Selbständigerwerbenden eine Selbständigkeitsbescheinigung der AHV zu verlangen, bzw. in unsicheren Fällen die AHV Ausgleichskasse um eine verbindliche Beurteilung des Einzelfalles zu ersuchen.
Bei weiteren Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Stefanie Berger